Leseprobe

Alles, was wir wollen (2025)
Eine Geschichte vom Glück
Kurzroman
„Ich habe immer gedacht,
Glück wäre etwas Großes,
das laut an die Tür klopft.
Aber vielleicht ist es nur ein stilles Gefühl, wenn alles für einen Moment Sinn ergibt.”
Klappentext
Jonas, Tom und Lea träumen von mehr – mehr als dem Leben, das sie kennen.
In einem verlassenen Schuppen am Rande des Dorfes wagen sie den Versuch, der Enge ihres Alltags zu entkommen. Doch während ihre Träume wachsen, werden sie mit den Grenzen konfrontiert, die sie in sich tragen.
Alles, was wir wollen ist eine Geschichte über Zweifel, Aufbruch und den Mut, sich dem Leben zu stellen, selbst dann, wenn der Weg ungewiss ist. Ein Buch, das inspiriert und Hoffnung gibt – nicht, weil das Leben perfekt ist, sondern weil es voller Möglichkeiten steckt, die wir selbst gestalten können.
Kapitel 1
JONAS
Jonas starrte auf die Felder. Die alte Bank hinter dem Haus war sein Rückzugsort. Hier war der einzige Platz, an dem niemand etwas von ihm erwartete. Das trockene, abgesessene Holz knarrte leise, wenn er sich hin und her bewegte, ein Geräusch, das so vertraut war wie das Hämmern der Kirchenglocken im Dorf. Jonas hatte das Gefühl, als würde die Bank ihn stützen, wenn der Rest der Welt ihn mal wieder überforderte.
Seine Krücken lehnten neben ihm an der Bank. Die abgenutzten Griffe waren ein stummer Beweis dafür, wie oft sie ihn schon getragen hatten. Jonas hasste sie, diese ständigen Begleiter, die ihn an das erinnerten, was nicht funktionierte.
Die Felder erschienen ihm als eine matte, trockene Weite, die sich als monotone Landschaft aus Staub und verbrannter Erde endlos vor ihm ausbreitete. Jonas dachte an den Herbst, der bald kommen würde – und mit ihm die Notwendigkeit, sich zu entscheiden. Wie sollte sein Leben nach der Schule weitergehen?
Die Gräser zitterten im Sommerwind, Ähren rieben sich aneinander, ein Falke stand in der Luft, fixierte mit scharfem Blick die ferne Erde. Alles wirkte so ruhig – und doch schien es, als würde in der Ferne etwas auf Jonas warten.
„Hier sitzt du also rum?“ Toms Stimme riss ein Loch in die Stille.
Jonas musste sich gar nicht umdrehen. Er wusste, dass sein bester Freund hinter ihm stand – die Hände in den Hosentaschen – und auf den Fußballen wippte. Tom war der Typ, der einfach nie stillstand, selbst wenn er es versuchte.
Jonas wandte nun doch den Kopf und betrachtete seinen Freund. Ein leichter Sonnenbrand zog sich über Toms Nase und seine Jeans waren an den Knien ausgebleicht – Spuren eines Sommers, der sich nicht darum kümmerte, was als Nächstes kam.
„Mach mal Platz“, rief Tom, schwang sich über die Rückenlehne der Bank und landete neben Jonas. Toms schiefes Grinsen irritierte Jonas mehr als alles andere.
„Guten Morgen, Tom“, sagte Jonas leise. „Morgen?“ Tom lachte trocken. „Es ist fast Mittag. Komm runter von deiner Bank. Und überhaupt: Musst du dich immer verstecken?“
Jonas zuckte mit den Schultern. „Ich mag die Aussicht von hier.“
„Weißt du, was dein Problem ist?“, fragte Tom.
„Nein“, sagte Jonas und sah ihn an.
„Du denkst zu viel.“
Jonas schwieg.
„Das ist es, Jonas“, fuhr Tom fort.
„Du sitzt hier und denkst nach, während die Welt sich weiterdreht. Und irgendwann wachst du auf und merkst, dass sie ohne dich weitergemacht hat.“
Jonas wollte etwas erwidern, aber er stockte. Er wusste, dass Tom recht hatte, auch wenn er es nicht zugeben wollte.
„Komm mit“, sagte Tom und stand auf.
„Wohin?“
„Irgendwohin.“ Tom zuckte mit den Schultern. „Weg von hier.“
Jonas schüttelte den Kopf. „Das geht nicht.“
„Natürlich geht das.“ Tom sah ihn an, die Augen klar vor Überzeugung. „Du denkst immer, du kannst nicht. Aber du kannst. Dein Problem ist, dass du es dir nicht erlaubst.“
Diese Worte trafen Jonas härter, als er erwartet hatte. Es war nicht das, was Tom sagte, sondern wie er es sagte – als wäre es die einfachste Sache der Welt.
„Was glaubst du eigentlich, wer du bist?“, fragte Jonas.
Tom grinste. „Ich bin der Typ, der weiß, dass es hier für uns nichts zu holen gibt. Also, was hast du zu verlieren?“
Jonas schloss die Augen. „Ich weiß nicht“, murmelte er.
„Schon klar“, sagte Tom. „Deshalb frage ich dich ja.“
Tom wartete nicht auf eine weitere Antwort. Er ging los, den Berg hinunter, die Hände tief in den Taschen, seine Schritte schnell und ungeduldig. Jonas sah ihm nach. Dann griff er nach den Krücken und zog sich hoch. Der Schmerz in seinem linken Bein war vertraut, fast tröstlich. Er erinnerte ihn daran, dass er lebte.
to be continued...
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